Elsenroth.de
Der Gemeinnuetzige Verein Elsenroth e.V.

Die letzten Kriegstage im April 1945 in Marienberghausen und den umliegenden Dörfern


Im letzten Artikel haben wir auch über den von Lehrer Alfred
Prosch verfassten Bericht über das Kriegsende geschrieben.

Weitere Quellen sind dort angegeben.

Hier nun die Fortsetzung:

Nachdem die V-Stellung aufgegeben war und die wertvollsten Dinge aus dem
Munitionsdepot bei Windhausen nach Lüdenscheid transportiert waren, wurde der Rest in
Brand gesetzt. Die Bevölkerung wurde zuvor aufgefordert, aus den Beständen zu holen, was
sie gebrauchen konnten.

Prosch schrieb weiter:
„ Diese Gelegenheit wurde auch gründlich wahrgenommen, sogar aus Mucher Gebiet kamenBauern mit Pferdewagen hierher, um reiche Beute Heim zufahren“ .Diese Anordnung wurde von der Geräteumschlagstelle, deren Büro sich in der GastwirtschafttHolländer im „Wildtor“ bei Elsenroth befand, angeordnet.
Die Soldaten waren in Marienberghausen, Elsenroth und den umliegenden Höfen untergebracht.

Die Gaststätte am Wildtor wurde nun von Nümbrecht-Nippes aus mit Infanteriefeuer unter
Beschuss genommen. Im oberen Teil des Hauses entstand, wie auch an anderen Häusern
und der Ziegelei, erheblicher Sachschaden. Die Bäume im „Herrenbusch“ Richtung
Niederbellinghausen waren, genau wie die Kreuzung selbst, mit Granatsplittern und
- löchern übersät.

„Seit dem März 1945 befand sich hier in M. außerdem eine Schlächterkompanie. Eines
Morgens wurden große Herden Rindvieh auf die hiesigen Weiden getrieben.
Das ,Schlachthaus' befand sich im Kellergeschoss des Bürgermeisteramtes.
[heute Humperdinckstraße 8 - 10].

In den Wäldern fand man die kaum verscharten Eingeweide und die Häute lagen zu
Hunderten beim Pfarrhaus. Die Schlächterkompanie versorgte die am Rhein und bei Düren
kämpfenden Truppen. ( Die ,Quartierleute' erhielten ebenfalls manche Kostprobe).
Diese Soldaten (Depot und Schlächterkompanie) rückten am 10.04.45 ab.
Schon am Sonntag in der Nacht zum Montag 08./09.04. traf hier ein Gefechtsstab der
Artillerie ein, der im Hause der Geschwister Heinrichs Quartier bezog und von hier aus den
Kampf gegen die aus Richtung Heide bei Kurtenbach vorrückenden Amerikaner führen sollte.

Die Artillerie bezog zuerst unterhalb Neuenberg Stellung, danach , d.h. zwei Tage, bevor die
Amerikaner kamen, bei Nallingen – Krahm. Sie kam aber hier nicht mehr zum Schuss.
Die vorgesehene Munition wurde aus Drabenderhöhe herbeigeschafft. Am 10.04.45 abends
zog die Artillerie nach Drabenderhöhe ab und beschoss von dort aus den Ort
Marienberghausen und das Homburger Bröltal.
(Ein Abschieds- und Dankesgruß für die freundliche Aufnahme in Marienberghausen).

Verletzte gab es nicht, jedoch erhielten Kirche, Haus Gustav Heinrichs, Fritz Holländer wie
auch das Haus Wilhelm Heinrichs in Heide, Treffer.
Das Tal bei Friedental war von Granateinschlägen durchsiebt
(von deutscher oder amerikanischer Artillerie ist nicht bekannt).
Aber auch die amerikanische Artillerie schoss bereits aus der Gegend Altennümbrecht –
Oberelben – Nippes über Marienberghausen hinweg in Richtung Drabenderhöhe, während im
Ort M. die Kinder ahnungslos auf der Straße spielten“.

Viele auch schon ältere Männer wurden noch Anfang April in den Volkssturm berufen, die
meisten von ihnen gerieten kurze Zeit später in Gefangenschaft, in der sie oft großen Hunger
erleiden mussten.
Jugendliche ab 14 Jahre wurden Frontsoldaten und waren dazu ausersehen, die Heimat zurück
zu erobern.

„Am Abend des 10.04.45 kamen einige Soldaten (Offiziere) deutscher Infanterie hier an, die
ebenso, wie vorher die Artillerie, ihren Gefechtsstab im Hause der Geschwister Heinrichs
einrichteten. In Heide kam es zu Panzergefechten, bei denen es 4 Tote, davon 3 deutsche
Soldaten gab. Ein Soldatengrab lag bei Gerhardsiefen. Die gefallenen Soldaten wurden später
auf dem Friedhof in Marienberghausen beigesetzt.
In Herfterath wurden einige Häuser zerstört oder brannten nieder.

In Marienberghausen und Elsenroth wurde nicht gekämpft, obwohl einige Offiziere meinten
sie könnten die Orte nicht ohne einen Schuss aufgeben.
Frauen baten die Offiziere, unnötiges Blutvergießen zu vermeiden.
(Ob die Soldaten über die Aussichtslosigkeit weiterer Kämpfe nicht informiert waren?)“

Am 11. April 1945 rückten amerikanische Soldaten in unsere Dörfer ein.

Am Morgen besetzte eine Kompanie Rose und Kurtenbach. Heide wurde noch von deutschen
Batterien aus dem Raum Marienberghausen gegen das Vordringen beschossen.
Gegen Mittag fielen Göpringhausen, Huppichteroth, Niederbierenbach und Elsenroth.
Von Drabenderhöhe aus schoss schwere Flak auf die anrückende Amerikaner.

„Nach Marienberghausen und Oberstaffelbach kamen die Amerikaner von dem Ort Linde aus.
Der Ort wurde nun von Amerikanern, die auch in Autos kamen, vollends besetzt
Während die deutschen Soldaten unnötigen Ballast abwarfen und sich durch die ,Eppenhard'
in Richtung Drabenderhöhe zurückzogen, quartierten sich die Amerikaner hier ein“.

In Elsenroth beobachteten die amerikanischen Soldaten vom „Hooch“ Hellberg aus die
Situation im Ort.
Otto Adolfs aus Elsenroth auch der Kalender-Otto genannt (er verkaufte in jedem Jahr den
Neukichener Kalender, in dem er von Haus zu Haus ging), wollte vom „Hooch“ aus sehen, ob
Schloss Homburg das schwere Artilleriefeuer zwischen Deutschen und Amerikanern heil
überstanden hatte.
Hier wurde er nun von amerikanischen Soldaten umringt und nach Waffen untersucht.
Erstaunt fragte er:
„ Sidd Ihr ald hie?“ nach Waffen befragt habe er gesagt: „Ech han kin Waffen,
ech han nur mingen Husdürschlüssel!“
Man habe ihn, 60 Jahre alt, dann laufen lassen.
(Quelle: Helmut von Wicki Fragebogen – Kriegsereignisse. W. Thieke bis zur Stunde Null).

Obwohl die Frauen weiße Tücher an den Häusern befestigt hatten und mit erhobenen Händen
auf die Straße gingen und riefen: „Ich ergebe mich“, kamen die Amerikaner sehr vorsichtig,
teilweise durch die Gräben und anderen Deckungsmöglichkeiten in die Orte und zu den
Häusern.
Die Soldaten quartierten sich auch in Elsenroth ein, die Besitzer wohnten nun
zusammengedrängt bei den Verwandten oder Nachbarn, etliche schliefen auch in Scheunen.
Die Offiziere besetzten das Haus von Karl Dick IV.

Die bei den Bauern arbeitenden Ausländer waren nun frei und brauchten die Häuser
nicht zu verlassen.

Die Versorgung der Tiere, wie Melken, Füttern etc. wurde den Eigentümern gestattet.
Einige Kinder erhielten Schokolade oder andere Süßigkeiten von den einrückenden Soldaten.

Wie lange nun die Amerikaner hier blieben, wird unterschiedlich beantwortet.
So war man der Meinung, zwischen einer und sechs Wochen.
Sicher dauerte die Besetzung, auch wegen des Bürgermeisteramtes, in Marienberghausen,
länger als in den anderen Orten.

Im vorigen Artikel haben wir aus dem von Frau Stasch, verfassten
Artikel über diese schwere Zeit in einem Auszug wiedergeben.

In der Zeit bis zum Einmarsch der Alliierten hatte sich die Lage noch weiter
verschlimmert.
Frauen mussten ihre Männer nun auch noch in den Volkssturm ziehen lassen und
Eltern ihre „fast noch Kinder“ sollten in den Krieg ziehen um Deutschland zu retten.
Immer mehr Flüchtlinge mussten aufgenommen werden. Schulen und Turnhallen
wurden zu Unterkünften. Die Häuser waren mit Flüchtlingen überfüllt.
Die Lebensmittelrationen wurden nochmals gesenkt.
Der wachsende Hunger führte zu Diebstählen auf dem Feld und in den Häusern.

In wie weit nun noch ein geordnetes Leben mit Kirche und Gottesdiensten möglich war, ist
nicht bekannt. Es war aber wohl auch kaum möglich.
Die letzte vor dem Kriegsende stattgefundene Presbyteriumsversammlung wurde von
Missionar Trey geleitet und erfolgte am 18. Februar 1945 mit der Festlegung der
Konfirmation.
Nach Kriegsende am 8. Mai 1945 versammelte sich das Presbyterium unter der Leitung von
Pastor Schumacher am 12. Juli 1945 (in dieser Zeit auch als Pfarrer der Aushilfe hier tätig) im
Pfarrhaus, Missionar Trey war als Gast anwesend.
Es wurde festgestellt, dass das Presbyterium noch im Wesentlichen, mit Ausnahme der durch
Krankheit ausgeschiedenen, aus den 1932 gewählten Personen bestand.

Bereits im April 1945 setzten die Amerikaner neue Bürgermeister und Landräte ein.
Im Juni wurden die amerikanischen Besatzungstruppen durch britische ersetzt.

Auch heute müssen wir noch einen Dank dafür aussprechen, dass die Familie um den
vermissten Pfarrer Stasch wie auch alle, die in dieser Zeit, hier in der Kirchengemeinde
ihren Dienst taten und halfen unsere Vorfahren in so vielfältiger Weise durch Gottes
Wort trösteten und durch die schwierigen Jahre begleiteten.

Als der Leiter des Kirchenchors und Organist Hermann Holländer im Oktober 1945 aus
italienischer Gefangenschaft heimkehrte, erlebte der Chor wieder großen Aufschwung.
Pfarrer Lankes aus Marienfeld bat ihn nun, doch auch während der katholischen Messe
die Orgel zu spielen. Nach einer gewissen Einarbeitungsphase über die hier angewandten
Abläufe konnte er auch hier aushelfen.

Im Jahr 1952 ging Aenneliese Stasch mit ihren Kindern in das Haus ihres Vaters nach
Barmen.
August Penz wurde Pfarrer in Rheydt.

Author Reinhard Dick