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Der Gemeinnuetzige Verein Elsenroth e.V.

Die letzten Kriegswochen und -tage 1944/45 in Marienberghausen und den umliegenden Dörfern


Liebe Leser, mit dem heutigen Beitrag soll an die schwierige Zeit des Kriegsendes in unseren Dörfern erinnert und darüber informiert werden.

Natürlich sind die letzten Wochen und Tage des Krieges in unseren Dörfern unterschiedlich verlaufen, daher sind die nachfolgenden Ausführungen nur auf diese genannten Orte zu sehen und erheben kein Recht auf Vollständigkeit.

Quellen :

Ein bisher nicht veröffentlichter Brief von Herrn Alfred Prosch aus Marienberghausen, der auch als Volksschullehrer in Ruppichteroth und Elsenroth unterrichtete, an Herrn Schumacher (leider gibt es keine Adresse).
Es wird Waldbröl angenommen, wo er eventuell auch Lehrer oder Pastor war.

Herr Schumacher hatte nach Kriegsende im Mai 1945 die Lehrer der hiesigen Region gebeten, über das Kriegsende in unseren Ortschaften zu berichten.

Herr Prosch formulierte im Anschreiben eine Entschuldigung, dass er erst jetzt, im Juli 1951 und nach den vielen Ermahnungen das für ihn das so beschämende Kapitel 1945 los werde.
Er schreibt aber auch, dass die Informationen der Bürger hierzu widersprüchlich seien.

„ Im Winter 1944 bis Februar 1945 war bei dem Kirchengut Windhausen, zwischen dem Nallinger Weg und Fahlenbruch, [heute in der Nähe der Sportanlage Kreuzheide] ein Baukommando mit dem Bau einer V- Stellung beschäftigt.
Die Stellung war gegen Einsicht durch Straßenpassanten und gegen Fliegersicht getarnt, der Zutritt streng untersagt.
Die Vollendung des Baus wurde jedoch von höherer Stelle wieder abgesagt, sodass es auch nicht zu Abschüssen kam.“
(Siehe Internet V- Waffen auch Vergeltungswaffen , Raketen ; oder im Buch Kriegsende Oberberg)

Aus anderen Quellen geht jedoch hervor, dass es zu einem oder zwei Abschüssen gekommen ist, wobei diese Geschosse jedoch im Bröltal wieder „runter gekommen seien“.

Es ist als großes Glück anzusehen, dass von den Allierten, die auf den Bahngleisen in Elsenroth gut getarnten Waggons mit den Waffen für die V- Stellung nicht erkannt wurden. Eine Bombardierung unserer Dörfer wäre unausweichlich gewesen.

Bewohner von Häusern, die in der Nähe der Bahn wohnten, hatten sich zum Schutz vor Fliegerangriffen, etwas entfernt von der Bahnstrecke Löcher in die Erde gegraben, in der sie bei Fliegeralarm flüchten konnten.
Diese „Erdlöcher“ waren zur Erdoberfläche hin sehr stabil abgedeckt.
Aber diese Verstecke wurden, zum Teil jedoch, von britischen Flugzeugen „Aufklärern“ im März 1945 auch erkannt.
Quelle: Staatsarchiv York in England

„Nachdem die V – Stellung aufgegeben war, benutzte die Geräteumschlagstelle
Heeresgruppe B den auf beiden Seiten der Straße zwischen Nallinger Weg und der Ziegelei Elsenroth gelegenem Wald im Februar 1945 als Depot für Heeresgut.
Die Gräteumschlagstelle schaffte das Heeresgut nachts in Autobussen und Lastkraftwagen von Wahn bei Köln bis hierher.
Doch einige Tage, bevor die Amerikaner hier einrückten, wurden noch die wertvollen Gegenstände nach Lüdenscheid befördert. Was in der Eile nicht fortgeschafft werden konnte und den Amerikanern nicht in die Hände fallen sollte, wurde in Brand gesetzt.“

Der in Marienberghausen tätige Pfarrer Stasch war bereits 1939 zur Wehrmacht einberufen worden.
Die Errichtung der V- Abschussbasis und Lagerung von Munition im Pfarrgut und den Pfarrwaldungen boten jedoch immer wieder Konfliktstoff zwischen Kirche und Staat.

Es wurden im Pfarrhaus Durchsuchungen veranlasst, Beschlagnahmungen durchgeführt und Predigten abgehört.
Doch der in Marienberghausen wohnende Polizeihauptmeister Heikhaus konnte die Pfarrerfamilie oft vorher informieren.
Immer wieder wurden auch Mitarbeiter der Kirche angezeigt, wogegen sich der Pfarrer, so gut es ging, wehrte.

Wehrmachtsangehörige zogen ins Pfarrhaus ein und schikanierten die Familie.
Zusätzlich mussten evakuierte Familien aufgenommen werden.

Obwohl alles verdunkelt war, flogen feindliche Bomber auch nachts über unsere Dörfer.

Luftaufnahme Elsenroth 1945

In Elsenroth wurden zwei Häuser durch Bombenabwürfe (Notabwürfe) total zerstört, andere sehr beschädigt.
Tiefflieger schossen auf Passanten und auch Kinder. So weis man, das spielende Kleinkinder im letzten Moment von Erwachsenen aus der Gefahrenzone geholt werden konnten. Ganze Nächte mussten angstvoll im Keller verbracht werden.
Der Schulweg wurde zum Risiko, die Kinder gingen wo immer es möglich war, durch den Wald.

Nahrungsmittel wurden rationiert.
Hausschlachtungen und heimisches Brotbacken streng verboten.
Die Felder waren mit dem Kartoffelkäfer und anderen Schädlingen übersäht.

Die Nachricht von vermissten und gefallenen Soldaten gingen durch die Dörfer.

Auch musste nochmals enger zusammen gerückt werden, da immer mehr ausgebombte Familien aus dem Raum Aachen aufgenommen werden mussten. Die Bereitwilligkeit, Fremde aufzunehmen, war aber in unseren Dörfern nicht so besonders groß.
Es bedurfte oft die Androhung von Beschlagnahmung.

Nun war es eine hohe logistische Leistung, das Gemeindeleben in seiner Lebendigkeit
aufrechtzuerhalten. Kirchmeister Hermann Jürges I bemühte sich ständig darum, einen geordneten Ablauf zu sichern. Pfarrer Stasch bekam nun kaum noch Urlaub, um die Geschicke in seiner Kirchengemeinde zu lenken.
Es war für unsere Kirchengemeinde großes Glück, eine Familie um Pfarrer Stasch zu haben, die ihn in so arrangierter Weise vertrat.

Missionar Trey, der Vater von Aenneliese Stasch und Sigrid Penz, hielt jeden zweiten Sonntag den Gottesdienst, taufte und konfirmierte.
Aenneliese Stasch übernahm eine Fülle von neuen Aufgaben und führte mit anderen zusammen drei Frauenkreise, einen Jungmädchenkreis und nahm am Kirchenchor teil.
Sie hielt die Bibelstunde und betreute den Kindergottesdienst, wie auch den Konfirmanden- und Katchumenenunterricht.
Schwester Sigrid Penz half in den Kreisen und leitete den nur noch mit wenig Männerstimmen belegten Posaunen- und Kirchenchor.
Gottesdienste, Taufen, Konfirmationen usw. wurden aber auch von Pfarrern oder Hilfspredigern aus der Region mit übernommen.

Sigrid Penz die Ehefrau von Pfarrer August Penz, kam aus Wuppertal.
Seine Vorfahren stammten aus Immen bei Drabenderhöhe und Geringhausen bei Nümbrecht. Er selbst war ein großer Liebhaber des Homburger Landes.
Auch August Penz, vom Dezember 1945 bis 1952 in Marienberghausen Pfarrer, musste 1940 in den Krieg, wo er in Italien in Gefangenschaft geriet und 1945 entlassen wurde.

Frau Stasch schreibt über diese schwere Zeit; wir geben hier einen Auszug wieder.

„Am 29. Dezember 1944 wurde mir die vor Weihnachten auf dem Bürgermeisteramt eingetroffene Nachricht ins Haus gebracht, dass mein Mann bei einem Einsatz südlich von Belgrad mit dem größten Teil seiner Einheit vermisst sei.

Wer die damalige Situation kannte, in der die Frauen sich befanden, deren Männer und Söhne im Krieg waren, Frauen, die hart arbeiten mussten im Haus und Stall und auf den Feldern, die mit heranwachsenden Kindern allein standen, die durch die Vermissten- und Gefallenennachrichten zutiefst getroffen und lebensmüde waren, der weiß, wie nötig die Gemeinschaft war. Wie nötig es war das miteinander Fragen, das Antwortsuchen und Hören auf das Wort Gottes.“

Doch Ende der Kriegsjahre nahm die Zahl der katholisch Gläubigen im Bezirk Marienberghausen erheblich zu, zunächst durch die Bombengeschädigten aus dem Westen und später durch die vertriebenen und flüchtenden Menschen aus dem Osten Deutschlands.

Pfarrers Lankes aus Marienfeld, nahm Kontakt mit Missionar Trey auf, um in der alten Marienkirche zu Berghausen Gastrecht zu erwerben. Bereits nach zwei Gesprächen mit Missionar Trey und der Einwilligung des Presbyteriums wurde den katholisch Gläubigen für den Sonntagnachmittag die Kirche überlassen.
Am 4. Februar 1945 konnte Pastor Lankes aus Marienfeld nach 340 Jahren wieder eine Messe in der evangelischen Kirche zu Marienberghausen halten.

Was nun Lehrer Prosch und andere weiter über das Kriegsende schreiben, erfahren sie im nächsten Gemeindebrief.

Eine gute Zeit wünscht Ihnen Reinhard Dick

Weitere Quellen:

Ausführungen von Aennelise Stasch, der Ehefrau von Pfarrer Fritz Stasch.
450 Jahre Kirchengemeinde Marienberghausen
So haben wir überlebt - W. Bergerhoff / U.Runkel
600 Jahre Elsenroth GMV – Elsenroth
Elsenroth ein Homburger Weiler - Staatsarchiv York England
Vor der Stunde Null – Nach der Stunde Null von Wilhelm Tieke
Mündliche Überlieferungen.